Wir schaffen das

„Wir schaffen das“ –

der Satz mit dem Angela Merkel, Barack Obama und allen voran ‚Bob der Baumeister’ ihre Mannschaften durch eine Krise führen und für eine schwere Aufgabe motivieren. Sie wollen mit diesem Satz Ängste nehmen, die automatisch in solchen Situationen im Menschen entstehen, sie wollen Vertrauen wecken und Mut machen.

Das Bemerkenswerte an den Führenden, die diesen Satz sagen, ist, dass sie selbst keine Lösung haben, keinen Plan, kein fest kalkulierbares Ergebnis, keine Sicherheit über den Ausgang der Situation. Sie haben keine Kontrolle über das Geschehen – das macht Angst. Ich glaube sogar, dass keine Kontrolle zu haben, eine der größten menschlichen Ängste ist.

Das Einzige, was diese Führenden also haben, ist Vertrauen und Mut – Sicherheit können sie nicht geben. Mutig sein heißt nicht, furchtlos zu sein, denn das könnte unter Umständen naiv und dumm sein. Mutig sein heißt, die Angst wahrzunehmen und trotzdem weiterzugehen. Das ist Abenteuer. Wenn der Mensch nicht bereit ist, das Leben als lebensgefährlich zu begreifen, lebt er tod-sicher. Obwohl wir uns so sehr vor ihr fürchten, brauchen wir also paradoxerweise die Angst, um uns lebendig zu fühlen.

Nicht nur die Flüchtlingssituation sondern auch die gesamte jetzige und zukünftige Zeit macht es uns mit ihrer steigenden Komplexität und Schnelllebigkeit immer schwieriger bis nahezu unmöglich, die Kontrolle zu behalten. Das einzig sichere ist die Unsicherheit.

Der Baum macht es richtig: er verschwendet seine Energie nicht damit, die Stürme und Jahreszeiten im Griff zu haben. Er beugt sich den Winden, er wirft seine Blätter ab, auch wenn der Winter früher kommt. Er gibt sich nicht in den unmöglichen Kampf, die Umstände zu kontrollieren. Dafür konzentriert er seine ganze Energie in seine Wurzeln. Und daraus kann er voller Vertrauen dem entgegenblicken, was da kommt. Selbst wenn er in manchem Sturm viele Blätter und auch mal ganze Äste opfern muss.

Wenn wir uns selbst vertrauen, weil wir starke Wurzeln haben, können wir den Mut aufbringen, die Angst vor dem Unkontrollierbaren zu überwinden. Dann können wir die Umstände nehmen wie sie sind. Wenn wir in dem Zustand der Angst sind, wird unser Blick eng. Wenn wir dagegen im Zustand des Vertrauens sind, werden wir viel mehr Möglichkeiten und Lösungen sehen.

Vertrauen heißt, den festen Glauben zu haben, dass es klappt. D.h. NICHT wünschen oder hoffen, sondern WISSEN.

Ich weiß,

wir schaffen das!

Aber wie schaffe ich es Vertrauen zu haben, wenn die Umstände so viel Angst erzeugen?

Wie kann ich mich auf das Unkontrollierbare einlassen?

Was heißt, in die eigenen Wurzeln die Energie geben?